Leben als Legastheniker als Kind von Akademikern und in der aro*spec community

CNs: Ableismus (vor allem Legasthenie-feindlichkeit, Unsichtbarmachung), Klinikaufenthalt (erwähnt), Schulsystem

“Du bist high-fuctioning” und “du bist nicht wie die anderen Legastheniker, die ich kenne” und mehr Sätze derselben Sentimentalität bekomme ich gesagt fast tagtäglich, bezogen auf meine Neurodivergenz, die viele Unterlabel hat . So als ob es ein Kompliment ist, aber das komplette Gegenteil ist. Ich erinnere mich ziemlich genau, wie ich immer mirselbst Geschichten erzählte, wenn mal wieder kein Mensch mit mir spielen oder sprechen wollte. Ich habe oft mit den Gedanken gespielt die Geschichten aufzuschreiben, aber die Angst Fehler zu machen hat am Ende meist die Überhand gehabt. Bis heute hab ich Angst, wenn ich irgendwo einen Text schreiben muss, am meisten wenns eine Deadline gab. Ironisch, dass ich heutzutage Texte schreibe und dann auf AktivAro packe, aber naja. Als Akademikerkind Legastheniker, bin ich von klein auf immer korrigiert worden bei falscher Grammatik. Hat es ich gehindert daran Legastheniker zu sein? Definitiv nicht, hat es meine Testung und Diagnose hinausgezögert? Definitiv, der Verdacht kam von meiner Deutschlehrerin in der 11. Klasse eines Oberstufenzentrums. Kurz nachdem ich wieder zuhause ankam nach meinem Klinikaufenthalt, lag ein Schreiben vom SiBuz auf meinem Schreibtisch. Leichte Rechtschreibschwäche ließ mich der Brief wissen, gibt keine gute Reflexion meines Legastheniker-daseins wieder, aber hat doch für ne halbe Stunde mehr Zeit gereicht. Was hat das mit der Aro*spec community fragt sich der lesende Mensch berechtigterweise. Nunja, es gibt immer wieder Diskussionen in Aroace*specspaces und jedes Mal, wenn ich es mitbekam, seufzte ich, versuchte die Nachricht zu verstehen und gab schon nach zwei Nachrichten auf die Sprache zu verstehen, auch wenn ich sie dann mal verstand und was sagen wollte, war da nur Leere. Ich hatte Angst was zu schreiben, aus Angst schriftlich angeschrien zu werden und gesagt zu bekommen: „Lern mal deutsch“. Also hielt ich die Klappe /rw und sah nur seufzend zu wie die Diskussionen eskalierten.
Ich bin fast komplett unsichtbar in meinem Legastheniker-Dasein, aber auch ich will gehört werden, ich habe auch eine Stimme, auch wenn diese bis jetzt ein lauter werdendes Flüstern ist. Ich mag zwar still sein, aber doch habe ich Gedanken und Ansichten zu Dingen.
~ Sasha, 30.01.2024