Die Sache mit der Liebe in einer amatonormativen Gesellschaft

(Content Notes/Inhalt Notizen)CNs:
Amatonormativität, Mobbing, Christlicher Glauben, Religiöse Traumata, Trennung und Scheidung der Eltern, Weltraummetaphern = Kometeneinschlag, Gewalt, Blut, wenn auch „nur“ in Metapherform, internalisierte Queerfeindlichkeit, ansatzweise detaillierte Beschreibung von Traumata, Ableismus

Ich bin ehrlich, das ist nicht der erste Text, den ich zum Thema verfasse und es wird nicht der Letzte sein.
Ich habe extreme Probleme meine Gedanken in Worte zu fassen, da diese meist verschlüsselt sind auf irgendeine Art. Ich bin aro, was irgendwie einleuchtend ist, da ich für AktivAro schreibe, allerdings habe ich lange gebraucht um das von mir sagen zu können. In Spaces wo Aromantik präsent ist, fällt es mir leichter dass zu sagen. Allerdings sobald ich mein Handy ausschalte oder ich wieder nach hause fahre, setzt die Einsamkeit ein. Ich habe Freundys, die auch aro sind, die auch stolz sind, doch wo ist mein Stolz? Ich habe eine schwierige Vergangenheit mit Aromantik, Romantik und Liebe, vieles hat mit meinem vielen Denken und analytischen Auseinandersetzen zu tun, aber nicht nur.
Von klein auf, brachten mir die Kirche (katholisch sowie auch evangelisch), als auch meine Familie, im besonderen meine Mutter und die Medien bei, wie wichtig Liebe, besonders romantische und familiäre und Freundschaft sei. Ich hatte von klein auf, Probleme mit Gleichaltrigen klar zukommen, ich war ein Problemkind. Nicht, dass ich großartig schwierig im klassischen Sinne gewesen wäre, ich störte nicht, ich war ruhig, ich war freundlich zu allen und war fast gänzlich verhaltensunauffällig. Bis auf den Part, wo ich häufig überfordert war durch Stimuli, mich zurückzog, ich Probleme hatte neue Fähigkeiten zu erlernen und anzuwenden und ich Schwierigkeiten hatte Anschluss zu finden zu Kindern meines Alters.
Das zieht sich bis heute durch. Vor knapp einem Monat habe ich die Diagnose Autismus bekommen, alle wussten es, nur ich nicht bis ich das Internet durchforstete. Das Internet hat mich schon viele Male gerettet. Ich habe den Begriff Aromantik 2019, in einem Video mal gehört, 2020 habe ich diesen Begriff angefangen für mich zu nutzen.

Aber zurück zu 2010 rum. Freundys finden war also schon immer schwierig, soweit so gut, oder auch nicht. Eine meiner frühsten Kindheitserinnerungen, ist wie ich mir einen Crush ausdenke um dazu zugehören mit 7, kein Mensch kann diese Erinnerung bestätigen oder verneinen. Ab diesem Zeitpunkt geht das Chaos los mit Peinigungen, Mobbing und name-calling. Ich erinnere mich nicht an vieles, aber das Gefühl der Isolation bleibt. Mir wurde mehrfach (mehr als ich je zählen könnte) als Streich gesagt, dass eine Person in mich verliebt sei und Interesse hätte, jedes Mal, wenn ich drauf einging kam: „nur ein Witz, wie könnte man dich je lieben?“, wenn ich es nicht tat, war ich ignorant und ein Monster. 
Über die Zeit internalisierte es sich, internalisierte sich neben dem Glauben wertlos zu sein ohne Partner und ohne Kinder. Ich betete viel zu Gott, um endlich normal zu werden. Mit der Zeit verlor ich meinen Glauben an Gott, doch der Schaden blieb. Als sich meine Eltern trennten, meine Mutter stets klagte, wie sehr sie sich einen Partner und Enkelkinder wünschte, während mein Vater nach One-Night-Stands guckte. Ich hatte mich bis dahin nur verliebt auf eine Art, die entweder als Queerplatonische-Verliebtheit bezeichnet werden kann oder ästhetische Anziehung im Nachhinein, wo ich die Begriffe nun habe für mein Erleben. Als sich meine Eltern trennten schlug ein Komet ein auf meinem Heimatplaneten. Ich verstand nicht was passierte.

Nun geschah 2020, ich fand das Label Aromantisch, diesmal richtig und zum ersten Mal hatte ich ein Wort für mein Empfinden. Es folgten viele mehr, aber Aromantik bis heute, half mir neben nichtbinär und trans* am meisten. Trotz des großen Trosts den es mir gab, konfrontierte es mich mit meiner internalisierten Aro-Feindlichkeit. Aus schierer Panik, flüchtete ich von Mai 2021 bis Mitte 2023 in romantische Beziehungen, ich klammerte mich an meine Partnermenschen und, wenn sie Schluss machten kroch ich ihnen nach wie ein verwahrloster Hund. Ich hatte nie Liebe erfahren, also krallte ich mich fest, biss zu, alles um die Liebe zu behalten.
Jetzt, Dezember 2023 blicke ich zurück und sehe die Blutspur, die mich verfolgt. Ich habe mich entschuldigt viele Male, ob meine Expartnermenschen sie jemals wirklich annahmen weiß ich nicht. Es tut mir leid, dass ich zugebissen habe und eine klaffende Wunde hinterlassen habe, die irgendwann zu einer Narbe wurde. Inzwischen schätze ich die Liebe, die ich kriege von Freundys und gebe diese auch zurück.
Mitte 2023 fand ich das Label Aplatonik und damit klärte sich mehr Nebel. Ebenso mit dem Label loveless, ich weiß nicht, was Liebe ist und wie sie sich anfühlt und ich kann nix damit anfangen. Was ich aber weiß ist, dass da eine Wärme ist, wenn ich mit Freundys bin, sie ist auch da wenn ich irgendwas aktivistisches mache, sie ist auch da, wenn ich schreibe, wenn ich zeichne, wenn ich lebe, wenn ich lache, wenn ich draußen bin bei Regen nur mit Hoodie, T-shirt und Latzhose als Schutz gegen die Nässe und Kälte. 
Ich weiß nicht, was dieses Gefühl ist, aber ich will mehr davon in meinem Leben, egal wohin mich das Leben grade schickt. An meine Freundys: ich liebe euch auf meine Art und ich hoffe ihr wisst das.

 ~ Sasha, 23.12.2023