Florins Geschichte

Als ich 13 oder 14 Jahre alt war waren alle Menschen um mich herum immer in irgendjemanden verliebt. Mal in Personen aus ihrem Umfeld, mal in Schauspieler:innen und Musiker*innen. Ich konnte das nie nachvollziehen. Irgendwann war eine meiner damaligen Freundinnen offenbar sehr gekränkt und hat sich immer mehr von mir zurückgezogen. Eine andere Freundin hat mir schließlich erzählt, dass die Freundin denkt, ich vertraue ihr nicht, weil ich ihnen nicht sage, in wen ich verliebt bin. Also habe ich in meiner Not eine Person ausgesucht, die mir passend erschien und behauptet, in diese verliebt zu sein. Das hat tatsächlich „funktioniert“ in Bezug auf meine gekränkte Freundin, hat sich aber sehr seltsam angefühlt.

Dann befand ich mich 20 Jahre bis auf wenige Jahre (insgesamt vielleicht zwei) immer in einer Beziehung. Die meisten davon waren exklusive Beziehungen. Eingegangen bin ich diese weil ich zum einen gerne Menschen kennen lerne und diesen nah bin. Aber auch, weil ich sehr schlecht damit umgehen kann, wenn es „meinetwegen“ Menschen schlecht geht. Dies wäre nach meinem Empfinden der Fall gewesen, wenn ich eine Person abgewiesen hätte, die in mich verliebt war. Irgendwie habe ich mich dafür verantwortlich gefühlt.

Jetzt bin ich seit zehn Jahren verheiratet. Als ich meinen Mann kennengelernt habe, fand ich einiges an ihm faszinierend und sympathisch. Ich hatte aber mittlerweile genug Selbstvertrauen/-wertgefühl, um ihm kurz nach unserem Kennenlernen zu sagen, dass ich gerne Zeit mit ihm verbringe, aber keine Beziehung möchte. Trotzdem wurde ich auch da emotional gebunden. Dieses Mal durch die Person mit der mein Mann ein Kind hatte, die mich gestalkt und bedroht hat. Bevor ich mich da ganz rauslösen konnte, war ich selbst schwanger. Die ganze Situation hat mich emotional total überfordert, so dass auch ich selbst, auf der Suche nach einem (irrationalen) Gefühl von Sicherheit, heiraten wollte.

In den letzten Jahren habe ich viel über mich herausgefunden und auch feststellen dürfen, dass es okay ist so zu sein. Zum Beispiel aromantisch. Und in vielen guten Gesprächen mit meinem Mann über mich, über Beziehungen, über das Leben, dahin gefunden, dass ich frei bin. Ich bin nicht festgekettet an ein Ideal von einer perfekten romantischen Ehe. Wir haben zwei Kinder und diese familiäre Beziehung ist wichtig und ich möchte sie erhalten. Aber sie ist auch gestaltbar und erweiterbar, falls weitere Menschen in mein Leben treten, die da rein passen (möchten). Und ich kann ich sein, zwar als Teil einer Familie, aber nicht als Teil eines Paares.

~ Florin