Als ich 13 Jahre alt war, hab ich herausgefunden, dass es Asexualität gibt und konnte mich damit identifizieren. Damals hat mir das niemand geglaubt, mit 13 war ich schließlich zu jung, um irgendwas in die Richtung wissen zu können. Als ich mich 5 Jahre später immer noch so gelabelt habe, haben Leute es eher akzeptiert. Dass es so etwas wie Aromantik gibt, wusste ich damals noch nicht. Ich habe einfach versucht, so zu Leben, wie es die Gesellschaft von mir erwartet, habe also Mono-Beziehungen geführt und da mich die meisten Menschen eh für weird halten, waren meine Beziehungspartner auch damit okay, dass Dinge nicht immer so liefen, wie sie es gewohnt waren. Irgendwann kam (und kommt auch immer noch) der Punkt, an dem meine Beziehungen kaputt gingen, entweder weil ich Ace* war/bin oder (was ich aber damals noch nicht wusste) weil ich Aro* war/bin. Das es ein aromantisches Spektrum und generell Aromantik gibt, habe ich erst mit Anfang 20 rausgefunden und mich dann auf eine Reise der Labelfindung begeben. Ich habe immer wieder Mikrolabel gefunden, die so viel besser zu mir passten als die vorherigen (das hab ich auch heute noch), inzwischen hab ich es aber aufgegeben, mich dauernd neu zu labeln und bin einfach an dem Punkt geblieben, dass ich mich irgendwo auf irgendwelchen Spektren befinde und nicht so bin, wie die Gesellschaft es gerne hätte.
Ich habe mich lange nicht getraut, mich selbst als irgendwo auf dem aromantischen Spektrum zu betrachten, da ich ja Beziehungen geführt habe und demnach ja gar nicht aro sein könnte. Das ich eine andere Wahrnehmung von Beziehungen habe, als allo-Menschen habe ich lange nicht begriffen. Als ich mich dann aber irgendwann auf das Aro-Spektrum getraut habe, ging es mir deutlich besser und ich hatte endlich einen Begriff, mit dem ich versuchen konnte, es anderen Menschen zu erklären (nicht dass das sonderlich viel bringen würde).
Ein Problem mit dem ich viel zu kämpfen habe, sind gesellschaftliche Erwartungen. Wenn es nach dem Bild geht, das die Gesellschaft vermittelt, habe ich eine Mono-Beziehung zu führen, zu heiraten und Kinder zu haben. Für mich klingt das furchtbar.
Ich habe mich Mal mit Menschen darüber unterhalten, was Beziehungen für sie ausmachen und auch wenn sie die gleichen Sachen gesagt haben wie ich, stellte ich fest, dass es da eine Ebene zu geben scheint, die ich nicht habe, nicht verstehe und auch nicht nachvollziehen kann. Mir wird dadurch häufig dass Gefühl vermittelt, ich sei kaputt und falsch. Mich zu verstellen löst allerdings keines der Probleme, weswegen mir die Aspec*-Community so wichtig ist, denn wir sind nicht kaputt und falsch, wir haben eine Daseins-Berechtigung und wir sind so wir wir sind und das ist gut so!
Früher dachte ich häufiger Mal, dass ich verliebt sei. Ich hatte dann eine neue Person kennen gelernt, fand sie interessant und war neugierig. Meistens wollte ich aber nur mit den Leuten befreundet sein. Bei Allos scheint das anders zu sein.
Ich habe bis heute keine Ahnung was Romantik, Liebe, etc. ist. Ich weiß was ich Zuneigung verstehe und mir die Nähe zu Menschen wichtig ist. Für mich hat der Satz „Ich liebe Dich!“ nicht wirklich eine Bedeutung und ich weiß auch nicht, wie ich damit umgehen soll, wenn andere Personen das zu mir sagen.
Dass ich Aspec* bin, heißt nicht, dass ich keine Dinge mag die als romantisch gelabelt werden. Ich finde es zum Beispiel total toll mit Menschen die ich mag Händchen haltend spazieren zu gehen. Allerdings tue ich das auch mit Freunden und nicht weil ich eine besondere romantische Bindung zu Personen habe, für mich ist die Bedeutung einfach eine andere.
Aspec* zu sein macht es schwer Beziehungen zu führen. Ich denke nicht, dass ich generell das Bedürfnis nach Beziehungen habe, allerdings gibt es die hierarchische Struktur in unserer Gesellschaft, dass Beziehungen andere Prioritäten, Rechte und Pflichten haben, als Freundschaften. Eine Freundschaft ist in unserer Gesellschaft quasi eine Beziehung zweiter Klasse. Deswegen führe ich Beziehungen (und bin begeistert von dem Konzept des Beziehungsanarchismus), damit ich den gleichen Stellenwert im Leben von Menschen habe. Das funktioniert zwar nicht annähernd so gut wie die Idee an sich ist, aber bisher habe ich noch kein besseres Konzept gefunden.
~ Yoshi