Meine Meinung zu Pride war immer beeinflusst von anderen, von cis Menschen. Bilder von Menschen, die viel Haut zeigen, haben Pride Demos für viele Leute in meinem Umfeld zu etwas anstößigem gemacht oder zumindest zu Verwirrung geführt. Warum müssen sie so rumlaufen?
Diese Frage und die Kommerzialisierung des Pride Month haben die Demos für mich zu Partys gemacht und ich hab wie die meisten um mich rum den Sinn der Demos angezweifelt.
Es ist erschreckend, wie sehr ich mich habe beeinflussen lassen und wie erfolgreich der Sinn von Pride zurückgestellt wird von Fragen warum so gefeiert wird, wie gefeiert wird.
Dadurch hatte ich große Angst, dass CSDs krass kommerziell sind und weit weg vom eigentlichen Gedanken, weit weg davon eine Demo zu sein.
Dürfen aro- und acespec Leute überhaupt da hin, wo doch meist nur die Rede von schwulen, lesbischen, trans* und bi* Personen in der Presse ist? Und was wenn ich negative Erfahrungen mit nicht-LGBTQIANP+ -Leuten auf dem Weg oder auf dem CSD habe?
Heute heißt Pride für mich stolz sein, stolz darauf wer ich bin. Pride heißt feiern, wer ich bin. Pride heißt zeigen, dass ich stolz bin, und sein darf, zu sein wer ich bin.
Dieses Jahr habe ich mir fest vorgenommen zum CSD zu gehen und mich nicht durch meine soziale Angst davon abhalten zu lassen.
Warum mir wichtig ist hinzugehen habe ich mich selbst lange gefragt und keine Antwort gefunden, die ich in Worte fassen könnte. Jetzt habe ich zumindest teilweise Worte gefunden. Es ist mir wichtig, weil ich gemerkt habe es ist eine Leistung mich gefunden zu gaben. Ich bin endlich mit mir im reinen und kann das zeigen. Vielleicht nicht überall eindeutig, aber zumindest auf dem CSD. Ich bin stolz aro zu sein und ace und nicht-binär. Und ich möchte das zeigen. Die Gesellschaft sagt uns viel zu oft, dass es uns nicht gibt, dass unsere Identitäten und Orientierungen eine Laune und nicht real sind. Das weckt in mir das Bedürfnis zu zeigen, ey ist mir egal was Leute reden, ich darf stolz sein und ich bin stolz und ich bin hier. Zum CSD zu gehen ist mir wichtig, damit andere sehen es gibt auch andere aro Menschen. Es soll keine Person denken, sie sei kaputt, anders oder allein. Deswegen will ich mich dieses Jahr nicht von meiner Angst daran hindern lassen zu zeigen, dass es uns gibt und dass wir viele sind. Natürlich hoffe ich auch andere aro, und ace und nicht-binäre, Personen zu sehen. Denn auch wenn ich weiß es gibt uns und wir sind viele, auch wenn ich weltweit vernetzt bin, ist es doch was anderes Leute mit pride Symbolen auf der Straße zu sehen. Ich merke es geht mir auch darum diesen Space zu claimen. Ich möchte da sein, um da zu sein. Ob ich mich nun trauen werde groß zu zeigen, dass ich aroace und agenderflux bin oder nicht.
Ich denke ich möchte aber auch meinem Umfeld, meiner Familie und Freund*innen zeigen, dass Pride Month und CSD nicht nur feiern heißen. Sie sollen wissen, es geht um weit mehr. Da sie wissen, dass ich nicht gern feiern gehe, kommt es vielleicht bei ihnen an.
Hoffentlich verstehen sie und die Gesellschaft, dass CSDs immer noch Demos sind. It’s still a riot.
Wir kämpfen immer noch jeden Tag, wir erfahren täglich Diskriminierung. Und wenn wir bei Prides feiern wollen, dann ist das völlig valide und ok und wichtig. Wenn schon der Rest des Jahres schwer ist, belastend, gefährlich ist, dann haben wir verdammt nochmal das Recht an diesem einen Tag zu feiern, wir selbst zu sein und verkrustete gesellschaftliche Normen zu ignorieren. An diesem Tag können wir (hoffentlich) ohne Angst demonstrieren und feiern. Denn sich selbst zu feiern, zu feiern wer eins ist, zu feiern es bis hierhin geschafft zu haben – auch das ist eine Form von Protest. Es ist gut und wichtig, dass wir gleichzeitig für unsere Rechte demonstrieren und feiern können, was erreicht wurde.
Denn so oft können wir weder das eine, noch das andere.
Solange Gleichberechtigung und Gleichstellung nicht erreicht sind – solange wird Pride Protest und Feier sein. Und so lange möchte ich zeigen, keins von uns ist allein. Und so lange möchte ich alle wissen lassen, dass Pride wichtig ist, dass auch feiern Protest ist.
~ Delfin