Ich muss mich mal wieder auskotzen.
Na toll, wird mir vorgeschwärmt, was für tolle Typen es so auf der Welt gibt. In zichfacher Ausführung beschrieben, was für Eigenschaften toll sind. Wie er tanzt, wie er aussieht, wie er spricht, welche Energie er mitbringt. Soweit so toll. Doch dann fällt der Satz „Aber ich bekomme sicherlich eh nur … ab“.
Ist das jetzt das voll revolutionäre „ich kann Beziehungen auch ohne Liebe führen?“. Eher nicht. Das ist einfach ein super trauriges „ich hätte gerne eine Beziehung mit X, bekomme aber „nur“ Y, und mag die Situation so nicht“. Kann ich gar nicht leiden. Also, sowohl die Idee, „nur“ mit Y zusammen zu sein. Was ist denn das für eine Einstellung? Wo kommen wir denn da hin? Wieso denn „nur“? ich meine, entweder, du willst was von dem, oder halt nicht. Aber warum ist das dann das Problem? Gibt’s da quasi eine Rangliste? Und dann wird halt genommen, was gerade verfügbar ist? Als wären potentielle Partner am schwarzen Freitag, die dann mitgenommen werden, weil man gerade so auf Suche war, und da noch was übrig ist. Als wäre der eigene Anspruch eigentlich jener, so überhaupt mal eine Beziehung zu haben, und alles, was mehr kommt, ist dann halt nice-to-have und erträumt.
Und dann geht’s noch weiter mit dem anderen Anspruch, der aus der Floskel kommt. Wer „wen abbekommt“ geht doch irgendwie auch davon aus, dass dies in einer Reihenfolge geschieht. Wie beim Fußball in der Schule. Wo sich die Grüppchen immer erst die „Besten“ heraussuchen. Nur, dass hier die Pärchen zusammenkommen, und nicht gegeneinander spielen. Und daraus folgt doch irgendwie auch, dass die Pärchen zumindest solange bleiben, bis sich der Rest gefunden hat. Die Frage, was eigentlich passiert, wenn n%2=1 ist, will ich mir gar nicht stellen. Oder anders ausgedrückt: wenn ich die Gruppe in zwei Hälften ganzer Menschen teile, und dann noch jemand übrig ist… Was passiert denn dann mit dem abbekommen?
Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen. Ich will nicht Jahre meines Lebens teilen mit Menschen, die für mich einen riesigen Kompromiss darstellen. Eine Beziehung nimmt so viel Energie und Zeit in Anspruch, wie kann ich diese für einen signifikanten Kompromiss aufwenden? Wie kann ich durchgehend mit jemanden umgeben sein, den ich nur als Kompromiss sehe?
Mir zwar sehr bewusst, dass ich weder sexuelle noch romantische Anziehung verspüre, aber ist das nicht dem Medianbürger auch wichtig? Entwickelt die sich dann über die Zeit? Ist das plötzlich auch nur noch nice-to-have? Ist es so wichtig, mit irgendwem zusammen zu sein, dass das alles plötzlich nicht mehr gilt? War das nicht gerade die Errungenschaft der jüngsten Jahrzehnte, dass wir eben nicht mehr zusammen kommen, nur weil wir zusammen kommen müssen? Oder habe ich einfach ein riesen Glück, dass ich irgendeinem merkwürdigem gesellschaftlichen Druck nicht mitbekomme? Schaffe schaffe Häusle baue, was nur zu zweit gehen solle?
~ Flemm