Kitschige Romane – Besser als jede Komödie

Zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich zwischen „Realität“ und „Kunst“ unterscheide. Bücher, Filme, Theaterstücke, etc. trenne ich strikt von der Realität und meine Interessen im Kunst-Bereich entsprechen nicht unbedingt meinen Interessen im realen Leben. So lese ich beispielsweise gerne Romane, ohne eine romantische Beziehung zu wollen, oder ich sehe mir Artikel zu sexuellen Themen an, ohne dass diese für mein reales Leben relevant wären.

Ich bin der Typ Mensch, der sich letztens eine Vibrator-Bewertung durchgelesen hat, in der die Top 20 der getesteten Produkte vorgestellt wurde. Wieso? Weil ich die Überschrift lustig fand und gehofft habe, die teils merkwürdigen Formen endlich verstehen zu können. Hat es funktioniert? Nein. Habe ich irgendetwas von den Testergebnissen im Kopf behalten? Auch nein. War es eine Zeitverschwendung? Definitiv nicht! Auch wenn dieses Thema in meinem Leben keine Rolle spielt, fand ich es dennoch spannend und auch ein wenig amüsant, wie offen der Artikel mit dem Thema umging, auch wenn er zeitgleich ein wenig verklemmt wirkte. Wurde doch an einer Stelle gesagt, dass es kein Tabu-Thema ist, waren die Reviews zeitgleich recht kurz gehalten und beschränkten sich mehr auf Sterne, als auf Worte.

Aber wieso schreibe ich das? Ganz einfach, es soll zeigen, dass ich mich gerne mit Themen auseinandersetze, die mein Leben eigentlich nicht betreffen. In Beispielen wie diesem ist es Interesse, in anderen Beispielen ist es aus Freude und bei wieder anderen ist es zu meiner Belustigung.

Meine Erzeugerin hat Romane gesammelt. Die kitschigsten, die ich jemals gesehen habe. (Würg!) Ich habe nach wenigen Seiten frustriert das Buch zur Seite gelegt und mich gefragt, weshalb das alles so romantisch und kitschig ist. Wieso können die Charaktere nicht einfach aufeinander zugehen, sich das Geständnis machen und dann ein Eis essen gehen? Nein, sie kommen mit Rosen um die Ecke, machen ein Liebesgeständnis, das länger geht als ein Opernstück und heulen danach auch noch, als wäre jemand gestorben. Kitschig und unlogisch – zumindest für mich.

Als ich dann selbst einmal auf die Idee kam, meine mit Freundschaftsgeschichten beschriebenen Kinderbücher zur Seite zu legen, habe ich schnell gemerkt, dass es im Bereich „Jugendbücher“ sehr viele Romanzen gibt. Vorsichtig habe ich mich damals für ein Buch über eine Meerjungfrau entschieden, da ich gehofft hatte, dass es darin nicht um Liebe gehen würde. Wie sich herausstellt, war dem leider nicht der Fall. Schon im ersten Band ging es darum, dass das Mädchen ihre Eltern wieder zusammenbringen wollte, die einander durch eine Droge vergessen hatten. Doch anders als erwartet war es nicht ansatzweise so kitschig, wie ich es befürchtet hatte.

Schnell folgten die restlichen vier Bücher der Reihe und irgendwann verliebte sich dann auch die Meerjungfrau. Gleichzeitig hatte das Buch allerdings auch eine Beziehung beschrieben, die zerstört wurde, da sie auf Lügen aufgebaut war. Natürlich war mir bewusst, dass es das im echten Leben gibt, doch in Büchern habe ich es nicht erwartet. Meine Erwartung an Romane war immer das, was ich bei meiner Erzeugerin gesehen hatte, weshalb mich meine Bücher doch sehr überrascht hatten.

Das war der Anfang meiner Liebe zum Lesen. Ein Buch folgte dem anderen und ich bin meinen Jugendromanen bis heute treu geblieben und besitze mittlerweile über 500 Bücher. Ich suche nach Fantasy-Romanen, da diese meiner Erfahrung nach die Romantik im Hintergrund halten und sie weniger stark behandeln als reine Romance-Romane. Ein weiterer Grund, bis heute bei den Jugendbüchern zu bleiben, ist die Tatsache, dass ich diese sanfte Romantik auch auf diese Bücher schiebe, die für jüngere Leute sind. Ob das wirklich so ist? Keine Ahnung. Ich bin nicht dagegen es herauszufinden, doch bin ich froh, meinen Weg damit gefunden zu haben.

Auch wenn ich es nie wollte, bin ich doch irgendwann an einen Fantasy-Roman geraten, der das „Roman“ großgeschrieben und zweifach unterstrichen hat. Darin geht es um eine Gruppe aus jungen Mädchen, die sich einhundert Jahre in den Dienst der See stellen und für diese als Sirenen arbeitet. Dabei verliebt sich eines der Mädchen in einen Menschen und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Ich muss gestehen, dass ich beim ersten Mal lesen die Augen verdreht habe, als ich das erkannt hatte. Mehr als einmal habe ich darüber nachgedacht, dieses Buch abzubrechen, einfach aus der Angst davor, an einen Kitschroman geraten zu sein. Zu meiner Überraschung war dem aber nicht so und ich muss gestehen, dass mich das Buch irgendwann mitgerissen hat. Ich habe das Buch förmlich verschlungen und dem Ende entgegengefiebert, da ich wissen wollte, wie es ausgeht. Heute ist es eines meiner Lieblingsbücher, was sicherlich auch daran liegt, dass es dieses Thema sanft erzählt hat, wenig übertrieben hat, nicht zu viel Kitsch beinhaltete und auch die spannenden Charaktere und der Fantasy-Anteil haben sicherlich ihren Teil dazu beigetragen, dass es so weit gekommen ist.

Nach diesem Buch bin ich dann allerdings weiterhin bei meinem alten Muster geblieben. Auch wenn es ein beliebtes Buch bei mir ist, ist es doch versehentlich gekauft worden, da ich mehr auf den Fantasy-Anteil gehofft hatte. Es ist nicht so, als hätte ich etwas dagegen, noch einmal so ein Buch zu bekommen, doch bisher war dem nicht so, allerdings wollte ich auch lange Zeit nicht gezielt danach suchen.

Irgendwann dachte ich mir dann doch, dass es eine lustige Idee wäre, mal wieder in einen richtigen Kitschoman reinzuschauen und zu überprüfen, ob ich es noch genauso schlimm finde wie früher. Nachdem ich das Buch nach wenigen Seiten weggelegt und zur Verdeutlichung meinem Partner gegenüber würgende Geräusche gemacht hatte, war das Thema eigentlich vom Tisch. Aber auch nur eigentlich.

Ich hatte mir diese Geschichte in einem Online-Forum rausgesucht, in dem sich jede Person einen Account machen kann und solche Geschichten schreiben kann, wenn sie es möchte. Schnell habe ich begriffen, dass dieses Forum voll von solchen Geschichten ist und dass es meinen Geschmack leider nicht trifft. Aus Interesse darüber, auf was ich noch stoßen könnte, bin ich auf einer Online-Leseplattform gelandet, die dasselbe Prinzip hat, allerdings mit viel mehr Genres und viel mehr Individualität.

Schnell habe ich dort nach meinen geliebten Fantasy-Romanen gesucht. Da ich auf Anhieb nichts Spannendes gefunden habe, habe ich mir ein paar Geschichten angesehen, die zu dieser Zeit beliebt waren. Ich bin auf eine Geschichte gestoßen, in der es darum ging, dass die Eltern von zwei männlichen Jugendlichen heiraten und danach zusammenziehen. Der Clou dabei war, dass die beiden Söhne sich nicht ausstehen konnten. Ich dachte mir, dass das vielleicht eine lustige Geschichte werden könnte, und habe begonnen, diese zu lesen, ohne viel darüber nachzudenken.

Wie sich herausgestellt hat, ist es eine gute Idee, zuerst die Tags anzusehen, welche die Autoren der Geschichten erstellen können. Diese geben Hinweise darauf, worum es in der Geschichte geht, und hätte ich gelesen, dass es um Romantik geht, hätte ich die Geschichte wohl nie angefangen. Allerdings hatte ich das nicht und war dann doch sehr verwundert, als der Jüngere der beiden den Älteren plötzlich geküsst hat. Hätte ich darauf kommen können, dass er homosexuell ist? Ja, Anzeichen gab es genug. Bin ich darauf gekommen? Nein. Und hätte ich merken können, dass die beiden aufeinander stehen? Wenn ich es nicht ausgeblendet hätte, hätte ich es bemerken müssen. Diese Details wurden einem förmlich in Form eines Neonlicht-Schildes ins Gesicht gedrückt, doch ich habe sie nicht bemerkt.

Aber hat es die Geschichte für mich kaputtgemacht? Im Gegenteil, ich habe sie geliebt! Diese Geschichte hatte etwas von einer typischen Kitsch-Geschichte, doch mit viel weniger Ernsthaftigkeit. Schnell habe ich angefangen, über die Streitereien zwischen den beiden zu lachen, wenn sich diese nicht darüber einig werden konnte, ob sie sich gerade mögen, oder aus Prinzip wieder einmal hassen sollen. Ich fand es amüsant, wie sie darüber gesprochen haben, dass sie sich nicht lieben könnten, da sie sich doch eigentlich hassten und auch die Stellen, an denen sie sich näher kamen, nur um danach tagelang kein Wort miteinander zu sprechen, hatten mich schmunzeln lassen. Es hatte eine kitschige Romanze erzählt, die ganz anders war als diese „typischen“.

Ich habe meinen Gefallen an dieser Art Geschichten gefunden und ehe ich wirklich realisierte, was ich da tat, füllte ich meine Leseliste mit einer Geschichte dieser Art nach der anderen. Ich habe einen Weg gefunden, etwas Lustiges aus dieser Art von Geschichten zu ziehen, das andere Menschen nicht sehen. Geschichten, die mit Klischees um sich werfen und die viel Drama beinhalten, sind für mich zu purem Comedy geworden.

Streitereien, die ich im realen Leben keinem Paar wünsche, erwarte ich in diesen Geschichten sehnsüchtig und während ich meinen Freunden dazu raten würde, dem Schwarm direkt zu sagen, was für diesen empfunden wird, hoffe ich in diesen Geschichten doch darauf, dass auch noch der zehnte Rückzieher gemacht wird. Für mich ist es eine Art von Comedy, die eigentlich keine sein möchte, mich aber dennoch komplett in ihren Bann zieht. Ich weiß nicht, wie oft mein Partner mich schon um Ruhe gebeten hat, wenn ich abends wieder einmal kichernd im Bett lag, da ich so eine Geschichte gelesen habe.

Ich hätte nie erwartet, dass ich einmal freiwillig nach dem Tag „Romantik“ suchen, und mich im Infotext eifrig nach den kleinen Hinweisen umsehen würde, die solche Geschichten ausmachen. Nie habe ich den Reiz an Romanzen verstanden und auch jetzt ist es wohl nicht gerade der Reiz, den andere darin sehen, welcher mich zum Lachen bringt. Noch immer verstehe ich nicht, was so schön daran ist, dass sich Menschen in Büchern, Serien, Filmen, etc. verlieben, trotzdem habe ich meine Gefallen daran in schriftlicher Form gefunden. Noch immer finde ich Geschichten, die zu kitschig sind, absolut zum Würgen, aber meine vorurteilsbehaftete Meinung puren Romance-Romanen gegenüber, dass diese absolut immer extrem romantisch und zutiefst kitschig sind, wurde eines Besseren belehrt. Und auch, wenn ich bei echten Büchern noch immer meine Fantasy-Romane bevorzuge und auf dieser Leseplattform nicht nur diese Art der Geschichten lese, sind es doch genau die, die zu meinen Favoriten geworden.

~ Sterni