Label.
Ich wünsche mir ein Label.
Eine Definition,
eine Bezeichnung.
Weil die Gesellschaft mir beibringt,
dass es das sicherer macht.
Dass ein Freund ein Mensch ist,
der einfach geht,
während die Liebe,
die romantische
bleibt.
Dass man einen Partner
nicht einfach so verlässt,
wie man es mit Freunden tut.
Weil die Gesellschaft uns beibringt,
dass ein Partner,
ein Lebenspartner,
das einzig wahre,
das richtige ist.
Dass wir nur einen davon haben dürfen,
Dass Eifersucht schlecht ist
und eine Beziehung endet,
wenn sie begründet ist.
Label.
Ich wünsche mir ein Label,
eine Bezeichnung,
Exklusivität.
So wie man sie vielleicht,
ganz vielleicht
in einer Beziehung hat.
Aber eigentlich,
wünsche ich mir
Sicherheit.
Die Sicherheit,
die mir die Gesellschaft
in einer
romantischen Beziehung
verspricht,
die man Beziehung nennt,
in der man
routiniert
sagt,
wie sehr man sich liebt,
und man sich nie verlassen wird,
weil das,
die Verlustängste besänftigt,
die sich niemand
eingestehen möchte.
Weil wir fast alle Wesen sind,
die
bestimmte,
gesicherte
Soziale Bindungen brauchen,
und Angst haben,
irgendwann alleine da zu stehen,
während die Gesellschaft dich fragt,
ob du single,
oder vergeben bist,
und intuitiv davon ausgeht,
dass du eine Beziehung suchst,
wenn du ersteres antwortest.
Und damit die Angst schürt,
das kein Mensch alleine überleben kann, dass es unmöglich ist,
glücklich zu werden,
wenn du alleine bist,
und alle anderen
nach Beziehungen streben.
Label.
Ich wünsche mir ein Label,
obwohl ich weiß,
wie naiv das ist.
Dass ich letztendlich nicht besser bin,
als die Gesellschaft,
die meint,
uns allen vorschreiben zu müssen,
was Liebe sein soll.
Die uns so sehr erklärt,
dass Liebe nur romantisch geht,
dass Liebe nur in einer
monogamen,
romantischen Paarbeziehung existiert,
und alle anderen Bindungen
nicht von Dauer sind,
Nicht sicher sind,
weil immer irgendwer anders kommen kann, mit dem ein Mensch
sein Leben verbringen will,
dass ich Angst habe,
dass sie doch Recht hat.
Label.
Ich wünsche mir ein Label,
wünsche mir Klarheit,
aber eigentlich tarnt sich hier
Uder Wunsch nach Sicherheit.
Ich wünsche mir kein Label,
sondern eine Bezeichnung,
die meine Bindung besiegelt,
die sie festhält,
wenn ich Angst habe,
dass sie auseinander fällt.
Weil ich ein Kind der Gesellschaft
von Gewohnheitsmenschen bin,
in der alle Angst vor Veränderung haben.
Selbst wenn sie es eigentlich
nicht zugeben wollen.
Label.
Ich wünsche mir ein Label,
um darüber sprechen zu können,
um zu zeigen,
wer ich bin,
wie ich liebe.
Weil die Gesellschaft uns
das Bedürfnis einpflanzt,
zu zeigen wer wir sind,
und dass wir,
als einzelne Menschen
eben nicht alleine sind,
so wie es viele Menschen
zu denken glauben.
Weil Menschen die Single sind, bemittleidet werden,
weil ihnen gesagt wird,
dass sie bestimmt bald
einen passenden Deckel finden,
obwohl sie vielleicht nicht mal
ein Topf sind.
Ich bin eine Pfanne,
aber so ein Henkel
wäre schon ganz nett,
nicht nur,
weil sonst alle denken,
ich wäre ein Topf.
Sondern weil das Kochen mit Henkeln an Pfannen so viel schöner ist,
als mit Reisepfannen,
deren Henkel
immer malwieder ausgetauscht werden.
Label.
Ich wünsche mir kein Label.
Ich wünsche mir Sicherheit,
emotionale Sicherheit
und eine Gesellschaft die mir beibringt, dass Sicherheit kein Label braucht.
Doch solange mir
die Gesellschaft beibringt,
dass jeder Topf einen Deckel braucht,
und Henkellose Pfannen immer nur Töpfe ohne Deckel sind und bleiben,
sobald sie ihn einmal verloren haben,
habe ich das Gefühl,
dass ich nur wirklich frei sein kann,
wenn ich weiß,
wie ich antworten kann,
wenn Menschen mich fragen,
wie viel Topf,
wie viel Pfanne,
wie viel Henkel,
und was für ein seltsamer Deckel ich bin.
Und warum ich keine Angst habe,
einfach weg zufliegen.
~ Nia Nightart