Über Allosexualität, Aromantik, und Normative

Ich bin aromantisch und allosexuell. Eine Identität, zu der sich nicht allzu viele Menschen bekennen, die aber, wie ich glaube, häufiger vorkommt, als wir uns das so denken.

Ich habe lange gebraucht, ehe ich zu meinen Identitäten gefunden habe. Ich habe die Ace-Community zuerst entdeckt und mich lange als ace identifiziert. Später dann fand ich den Begriff „aromantisch“ und identifizierte mich als aroace. Und dann stellte ich fest, dass die Sache mit dem „asexuell“ eventuell auf mich doch nicht ganz zutraf. Sondern das Problem war eher, dass ich meine Wünsche und Bedürfnisse nicht gut kommunizieren konnte. Und wie ich da so im Internet herumsuchte nach Labels, die auf mich passen könnten, fand ich „alloaro“ und das war genau das Richtige.

Sich allerdings als alloaro zu definieren, bringt neue Probleme mit sich. Missverständnisse gibt es genug, angefangen von „aha, eine fancy Art zu sagen, dass man nur unverbindliche Beziehungen möchte“ bis „naja, nur weil du Herzen und Rosen nicht magst, bist du ja nicht gleich aromantisch…“ Ich brauche für das Publikum dieser Seite wohl nicht auszuführen, warum das problematisch ist.

Alloaro zu sein ist kompliziert. Denn lieben tue ich schon, nur halt nicht romantisch. Sex haben möchte ich mit Menschen, zu denen ich eine Bindung aufgebaut habe – ich habe mal halb scherzhaft gesagt, ich würde mit allen meinen Freund:innen schlafen, wenn sie mich fragten. Ich meine das wirklich so; die emotionale Nähe einer Freundschaft ist für mich eine sehr besondere Beziehung (wie wohl für die meisten Menschen) und beim Sex mit guten Freund:innen kann ich mich richtig fallen lassen. Dumm nur, dass es nicht allzu viele Menschen gibt, die zum Sex innerhalb einer Freundschaft bereit sind, da die gängige Meinung ist, dass das nicht geht, ohne dass eine der Parteien „Gefühle“ bekommt. Ich finde das schade. Gefühle sind doch sowieso schon da, die freundschaftlichen nämlich – da braucht es keine anderen.

Alloaro zu sein bedeutet oft auch, in Communities unterrepräsentiert zu sein oder Angst zu haben, sich als solches zu outen. Die meisten Aro-Angebote sind sehr aroace-fokussiert. Alloromantische Aces haben es da meiner Wahrnehmung nach einfacher – vielleicht, weil unbewusst das Bild von jemandem, der „Liebe möchte, aber keinen Sex“ angenehmer ist als das Bild von jemandem, der „Sex möchte, aber keine Liebe“. Und damit wären wir wieder bei Normativen und der Frage, welche Identitäten wir in unseren Communities durch bewusste oder unbewusste Voreingenommenheit zentrieren. Meine Bitte an die Communities ist, auch für Identitäten offener zu werden, die scheinbar „näher am Mainstream“ sind – heterosexuelle männliche Aros zum Beispiel. Sich als ace zu definieren, ist für männlich gelesene Personen nicht einfach; sich als alloaro zu definieren, auch nicht, da es bedeutet, oft mit den oben genannten Missverständnissen und Vorurteilen konfrontiert zu werden; stärker noch, als das bei weiblich gelesenen Personen der Fall ist.

Nichtsdestotrotz möchte ich nichts an meiner Identität ändern. Alloaro sein ist cool und valide. Bleibt so, wie ihr seid!

~Mäx