(Hass)geliebter Weihnachtsbrauch

Als Teenager, vor dem ersten Erblühen meiner (Demi)Romantik und der, bei mir damit verknüpften, (Demi)Sensualität, war die Adventszeit, unter Gleichaltrigen, manchmal wie ein Spießrutenlauf und auch heute noch bin ich kein Fan davon.

Ich kam in unseren Clubraum, meist war es Anfang Dezember, nach dem ersten Advent und da hing er wieder in der Tür, das „Grauen meiner Teenagertage“, der einzig wahre Schrecken – hier bitte gruselige Musik einblenden – der Mistelzweig.

Wenn ich diese Ausgeburt der Pflanzenwelt in der Tür sah, stieg mitunter mein Adrenalinpegel auf ein höchst Maß an. Ich beobachtete die anderen Menschen. Achteten sie auf mich? Nein, dann schnell hindurch. Meistens konnte ich unauffällig drunterdurchschlüpfen, manchmal musste ich auch etwas schneller sein, aber meist schaffte ich es ohne Zwischenfälle.

Bis irgendwann jemensch mich ins Auge fasste und diese Person beharrlich wartete bis ich kam und rein oder raus wollte, ab da musste ich kreativ werden und einmal sogar aus dem Fenster steigen (keine Angst, es war Parterre).

Wer also hat sich diese Weihnachtstradition mit dem Küssen ausgedacht bzw. warum wird jemensch gezwungen ggf. gegen den eigenen Willen mitzumachen? Geht es nicht um eine besinnliche Zeit, um stille und heilige Nächte, sowie wohlgesonnen sein, seinen Mitmenschen gegenüber?

Ich würde mir daher wünschen, dass andere meinen Spielraum achten und niemensch gezwungen wird an Traditionen teilzunehmen, bei denen mensch nicht mitmachen möchte, so dass alle eine schöne (Advents)Zeit miteinander verbringen können.

~ Noir