Auf leisen Sohlen

Die (Demi-)Romantik kam schleichend, auf leisen Sohlen, um mich hinterrücks zu überrumpeln. Mit 19 Jahren hatte sie mich dann zeitgleich eiskalt und heiß erwischt. 

Wenn ich an meine Teenager-Tage zurück denke fällt mir auf, dass ich im Grunde immer Glück hatte. Ich war, ohne meine Asexualität und Demiromantik benennen zu können, als „Spätzünder*in“ und/oder Außenseiter*in anerkannt. Das klingt vielleicht im ersten Moment schlecht, war aber in meiner damaligen Situation gut, denn niemensch fragte nach, drängte mich gar in eine Beziehung oder erwartete von mir irgendwelche sexuellen Probeläufe. Ich lief einfach mit, hörte zu und war einfach da und beobachte fasziniert, aus den hinteren Rängen, still und heimlich das sexuelle und romantische Erblühen der anderen. Bis dann, ein neuer Junge in meine Klasse kam, der mich partout nicht übersehen konnte und/oder wollte.

Damals empfand ich ihn als einen guten Gesprächspartner und ich mochte auch seine intelligente, freche Art, weshalb ich mich mit ihm nach und nach anfreundete. In der Schule wurden wir Banknachbar*innen und trafen uns auch ab und an nach der Schule, um etwas zusammen mit meinen anderen Freund*innen, die dann auch zu seinen wurden, zu unternehmen. 

Am Ende der Schulzeit wurden, dann seine Signale überdeutlich, so dass auch ich diese, teilweise über andere Freunde gespiegelt, mitbekam. Als ich dann drüber nachdachte schlich sich langsam, unbemerkt ein für mich neues Gefühl an. Was in dem Moment als ich Begriff, dass sich nach der Schulzeit unsere Wege trennen könnten, mich vollständig überrumpelte. Plötzlich hatte ich ein kribbeliges, warmes, angenehmes Gefühl in seiner Nähe, hatte Schwierigkeiten mit ihm über innerste Gefühle zu reden ohne rot zu werden, was vorher nichts besonderes für mich war. Des Weiteren merkte ich,  dass ich seine Nähe suchte, sogar brauchte und er klammheimlich und unbeabsichtigt zum Mittelpunkt meiner Welt wurde.

Ich war davon ehrlich verwirrt, weil ich vorher nicht vermutete, dass es sowas gibt und dass ich mich so fühlen kann. Nachdem er mir indirekt ein paar Monate zuvor seine Gefühle gestanden hatte, überlegte ich, was ich nun machen sollte und entschied mich in einem stillen Moment, meinen Mut zusammen zu kratzen und ihn mein Empfinden zu gestehen. Mehr als meine Gefühle gestehen und dafür sorgen, dass wir uns weiterhin sehen können, wollte ich nicht. Es wurde dann meine erste romantische Beziehung, da er nach meinem Geständnis meinte wir sind jetzt zusammen. Was mich zugegeben damals etwas überraschte, da das nicht mein Ziel war, ich mich aber freute, dass ich somit scheinbar doch „normal“ war und ich mich daran festklammerte. 

Das ich eher demiromantisch bin, kristallisierte sich erst im Laufe der Zeit heraus. Da ich immer erst Vertrauen fassen muss und eine freundschaftliche Verbundenheit brauche, die sich dann eventuell in romantische Anziehung umschlägt.

~ Gastbeitrag von Noir